Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum)

Merkmale

Größe:

Zierliche Kleinlibelle mit einer Länge von 34 bis 38 mm.

Männchen:

Grundfarbe blau mit ausgedehnter Schwarzfärbung am Ende des dritten bis fünften Hinterleibssegments. An der Seite sind diese Flecken leicht nach vorn ausgezogen. Das schwarze Muster oben auf dem zweiten Hinterleibssegment erinnert in seiner typischen Form einem Y oder einer Fledermaus. Es besteht Verwechslungsgefahr mit der Hufeisen-Azurjungfer, die aber deutlich höhere Blauanteile auf dem Hinterleib aufweist.

Weibchen:

Die Weibchen treten in einer blaue und eine grünen Färbungsvariante auf und sind relativ variabel in ihrer Zeichnung. Sie sind eindeutig oft nur anhand der Form des Hinterrandes der Vorderbrust zu unterscheiden. Dieser ist bei der Fledermaus-Azurjungfer an zwei Stellen deutlich eingebuchtet, so dass drei deutliche geschwungen Loben zu sehen sind.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 17 bis 20 mm. Ziemlich klein mit relativ langen, am Ende abgerundeten Schwanzanhängen, diese sind nicht gestreift, es zeigt sich höchstens ein dunkles Band auf Höhe der Einschnürung in der Mitte. Eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten dieser Gattung ist schwierig.

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

Von den Britischen Inseln bis nach Zentralasien (Altai-Gebirge). Die nördlichesten Vorkommen befinden sich in Schottland, Nordschweden und Finnland. Im Süden endet das Areal an den Pyrenäen und der nördlichen Mittelmeerküste.

Deutschland:

Verbreitungsschwerpunkt in der Norddeutschen Tiefebene, in Süddeutschland vor allem in den Tälern der großen Flüsse und im nördlichen Alpenvorland. Meidet die Mittelgebirge.

Schleswig-Holstein:

In allen Hauptnaturräumen verbreitet, allerdings weniger häufig als die nahe verwandte Hufeisen-Azurjungfer. Im Bereich der Geest und weiten Teilen des östlichen Hügellandes sowie in der Elbmarsch regelmäßig an geeigneten Gewässern. Deutlich seltener in der Seemarsch und in Angeln.

Bestand in Schleswig-Holstein

Eine in Schleswig-Holstein häufige Art, deren lang- und kurzfristige Bestandentwicklung jedoch als leicht negativ einzuschätzen ist. An geeigneten Gewässern ist sie aber immer noch regelmäßig und oft mit hohen Individuenzahlen vertreten.

Biologie

Überwinterung: als Larve

Dauer Larvalentwicklung: ein Jahr

Schlupfzeit in SH: Ende April bis Anfang Juni

Flugzeit in SH: Ende April bis Anfang September, Hauptflugzeit Ende Mai bis Anfang Juli

Verhalten:

Nach der Emergenz halten sich die Tiere auf Grünlandflächen in der Umgebung der Entwicklungsgewässer auf. 

Die reifen Männchen erwarten die Weibchen am Gewässerrand vor und hinter der Uferlinie. Abseits der Gewässer bevorzugen die Tiere besonnte Bereiche in lichten Waldbereichen oder windgeschützte Hecken/Gebüsche zum Jagen und Ruhen.

Paarung und Eiablage:

Die Paarung wird oft schon vor der Wasserlinie in angrenzenden Landbiotopen eingeleitet und in der Vegetation sitzend vollzogen.

Die Eiablage erfolgt in Begleitung des Männchens oder seltener allein in lebendem oder totem auf dem Wasser treibenden Pflanzenmaterial. Falls vorhanden, werden Schwimmblattpflanzen wie Teichrose, Seerose, Laichkraut oder Wasserknöterich bevorzugt. Die Eier werden immer unterhalb der Wasseroberfläche abgelegt, auch auf der Unterseite von See- und Teichrosenblättern, wenn diese beschädigt sind. Es bilden sich regelmäßig Gruppen von eierlegenden Paaren, oft auch gemischt mit anderen Arten wie der Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella).

Lebensräume

Imagines:

Vor allem stehende Gewässer von Gräben über Weiher und Seen bis hin zu Moorgewässern. Die größeren Stillgewässer sind nährstoffreich und weisen eine gut ausgebildete, typische Zonierung mit Schwimmblattzone, Röhricht und Bruchwaldsaum auf. In den Gäben der Elbmarsch trotz meist intensiver Unterhaltung und Strukturarmut mit mehr Individuen vertreten als die Hufeisen-Azurjungfer. Auch an aufgestauen Moorregenerationsflächen in großer Dichte. Seltener in Fließgewässern, dort in strömungsberuhigten Bereichen.

Larven:

Innerhalb der Tauchblatt-, Schwimmblatt- oder Röhrichtzone an verfaulenden, auf dem Wasser schwimmenden Pflanzenteilen oder auf dem Detritus am Gewässergrund.

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: ungefährdet

Rote Liste Deutschland 2014: ungefährdet

Gefährdungsursachen: eventuell Beschattung und Verlandung der Fortpflanzungsgewässer und Zerstörung der Uferzonierung an Seen durch Freizeitnutzung

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): -

Deutschland (BNatSchG): besonders geschützt

Schutzmaßnahmen: Verringerung des Nährstoffeintrags, abschnittsweise Entfernung der Ufergehölze bei zu starker Beschattung, Beschränkung der Erholungsnutzung auf bestimmte Gewässerabschnitte

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist.
  • BROCKHAUS, T. & U. FISCHER (2005): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. – Libellula Supplement 14.
  • BRUENS, A. (1990): Die Odonaten (Insecta) des Schilfgürtels vom Belauer See (Schleswig-Holstein) – Ein Beitrag zur Ökosystemforschung im Bereich der Bornhöveder Seenkette. – Diplomarbeit an der Christian-Albrechts-Universität Kiel.
  • DIJKSTRA, K.-D. B. & SCHRÖTER, A. (Hrsg.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage) 
  • STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (Hrsg.) (1999): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera). - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart. 
  • RADEMACHER, M. (1998): Biozönologische Untersuchungen zur Habitatpräferenz der Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum). - Naturschutz am südlichen Oberrhein 2: 119 - 128.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.

A. Bruens