Früher Schilfjäger (Brachytron pratense)

Merkmale

Größe:

Mit 54 bis 63 mm Körperlänge relativ kleiner Vertreter der Familie.

Männchen:

Brust und Hinterleibsansatz stark behaart. Brustseiten grün-gelb mit zwei von oben nach unten durchgehenden dunklen Streifen und einer Querverbindung. Hinterleib mit blau-schwarzer Mosaikzeichnung, oben auf dem ersten Hinterleibssegment mit charakteristischem rundem grün-blauem Fleck.

Weibchen:

Brust und erste Hinterleibssegmente stark behaart. Brustseiten braun-gelb mit zwei von oben nach unten durchgehenden dunklen Streifen und Querverbindung. Hinterleib mit grüngelblich-schwarzer Mosaikzeichnung, oben auf dem ersten Hinterleibssegment mit charakteristischem rundem gelbem Fleck.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 35 bis 40 mm. Eindeutig sind die kleinen, rund hervorstechenden Augen, die sich im hinteren Teil lappenartig fortsetzen (was aber nicht immer gut zu erkennen ist). Prämentum der Fangmaske kurz mit einem schmalen Labialpalpus.

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

In ihrer Verbreitung fast ausschließlich auf Europa beschränkt, erreicht ostwärts den Ural und das Kaspische Meer. Im Norden erreicht die Art Irland, Süd-Schottland, Süd-Skandinavien und den Nordwesten Russlands. Im Süden liegt die Verbreitungsgrenze im Norden der Iberischen Halbinsel, streift Sardinien, Italien und Griechenland und endet im Nordwesten des Iran.

Deutschland:

Schwerpunkte der Verbreitung sind die Norddeutsche Tiefebene, die Niederungen an Elbe, Weser, Rhein und Donau sowie das Alpenvorland. Verbreitungslücken sind vor allem in den Mittelgebirgen festzustellen.

Schleswig-Holstein:

Die Art wurde in allen Hauptnaturräumen nachgewiesen, der Schwerpunkt der Verbreitung liegt im Hügelland südlich des Nord-Ostsee-Kanals mit hoher Fundspunktdichte im Westenseegebiet, der Holsteinischen Schweiz, an den Bornhöveder Seen, im Raum Segeberg und östlich des Elbe-Lübeck-Kanals. Aufgrund der kurzen Flugzeit, des unauffälligen Verhaltens und einer meist geringen Individuendichte wird die Art leicht übersehen und damit die Verbreitung möglicherweise unterschätzt.

Bestand in Schleswig-Holstein

Der Frühe Schilfjäger ist in Schleswig-Holstein mäßig häufig. Langfristig ist ein leichter Bestandsrückgang zu verzeichnen, allerdings wurden viele alte Fundorte in den letzten Jahren nicht mehr überprüft. Kurzfristig ist eine deutliche Zunahme der Beobachtungshäufigkeit festzustellen, es sind aber immer noch Erfassungsdefizite vorhanden. 

Biologie

Überwinterung (1. Winter): als Larve

Dauer Larvalentwicklung: zwei bis drei Jahre

Schlupfzeit in SH: stark synchronisiert von Ende April bis Mitte Mai

Flugzeit in SH: Ende April bis Anfang Juli, Hauptflugzeit von Mitte Mai bis Mitte Juni

Verhalten: 

Die Reifezeit verbringen die Jungtiere an sonnigen und windgeschützten Gehölzrändern, Waldlichtungen, Wiesen, oft mehrere Kilometer entfernt vom Entwicklungsgewässer. 

Die reifen Männchen patroullieren in niedriger Höhe über der Wasserfläche vor dem Röhrichtsaum. Sie zeigen dabei ein deutliches Revierverhalten und verjagen andere Großlibellen. Gelegentlich fliegen sie bei der Suche nach Weibchen auch in die Schilffelder hinein, dies wird dann durch ein leises Knistern hörbar, wenn die Flügelenden die Halme berühren.

Eiablage:

Die Paarung wird am Gewässer vollzogen, das Paarungsrad setzt sich nahe der Wasserlinie in die Vegetation. Im Gegensatz zu vielen anderen Aeshniden sind die Männchen weniger aufdringlich gegenüber eierlegenden Weibchen, sie versuchen sie erst zu ergreifen, wenn sie auffliegen.

Die Weibchen legen die Eier ohne Begleitung des Männchens bevorzugt im Flachwasserbereich in schwimmende abgestorbene Stängel von Schilf und Rohrkolben, seltener in lebende Pflanzenteile.

Lebensräume

Imagines:

Bevorzugen größere stehende oder langsam fließende Gewässer mit gut ausgebildeter Verlandungszone, insbesondere großflächige artenreiche Röhrichte oder Großseggenbestände werden gerne besiedelt. Es werden aber auch kleinere Gewässer genutzt, wenn entsprechende Strukturen vorhanden sind und in der Umgebung individuenreiche Populationen vorhanden sind. In Polen wurde auch die Entwicklung in Brackwasserröhrichten mit einem Salzgehalt von bis zu 0,46 % nachgewiesen.

Larven:

Leben im Flachwasser an Wurzeln von Wasserpflanzen oder Ufergehölz sowie unter schwimmenden oder am Boden liegenden Pflanzenresten.

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: ungefährdet

Rote Liste Deutschland 2014: ungefährdet

Gefährdungsursachen: Freizeitaktivitäten an Seen, intensive Unterhaltung von Fließgewässern

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): -

Deutschland (BNatSchG): besonders geschützt

Schutzmaßnahmen: Freizeitnutzung an Seen auf besonders ausgewiesene Bereiche beschränken,Unterhaltung von Fließgewässern schonend durchführen (z.B. abschnittsweise alternierend, Stromstrichmahd, Erhalt von Röhrichten)

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. - Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist. 
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. - Libellula Supplement 14. 
  • DIJKSTRA, K.-D. B. / SCHRÖTER, A. (Hrsg.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage) 
  • MIELEWCZYK, S. (1970): Odonata und Heteroptera aus dem Naturschutzgebiet Ptasi Raj bei Gedansk mit Besonderer Berücksichtigung des Brackwassersees. — Fragmenta Faunistica 15(19): 343-363.
  • PETERS, G. (2006): Die Edelibellen Europas. – Neue Brehm-Bücherei Bd. 585; VerlagsKG Wolf, Magdeburg. 
  • THOMES, A. (1985): Ökologische Beobachtungen an den Libellen (Odonata, Insecta) des Unteren Schierenseebaches (Naturpark Westensee, Schleswig-Holstein). — Diplomarbeit aus dem Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität Kiel.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.