Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis)

Merkmale

Größe:

Mit einer Länge von 32 bis 39 mm die größte der in Schleswig-Holstein vorkommenden Moosjungfern.

Männchen:

Gesicht weiß, restlicher Körper überwiegend schwarz gefärbt. Der Hinterleib weist große helle Flecken auf den Segmenten zwei bis sieben auf, die fast den Hinterrand des jeweiligen Segmentes erreichen. Die Flecken entwickeln sich mit zunehmendem Alter von hellgelb über braun zu rotbraun und verblassen schließlich immer mehr. Auffällig ist zitronengelbe Fleck auf dem siebten Segment, der in der Regel auch im Flug und bei älteren Männchen noch gut erkennbar ist.

Weibchen:

Wie die Männchen gefärbt mit etwas breiterem Hinterleib. Fleck auf dem siebten Hinterleibssegment nicht so auffällig wie bei den Männchen, aber auch hier farblich herausstechend.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 19 bis 23 mm. Fangmaske korbförmig. Hinterleib verbreitert, unterseits mit auffälligen dunklen Bändern in Längsrichtung. Rückendornen vorhanden, auch auf Segment acht. Seitendornen an den Hinterleibssegmenten acht und neun kurz. Typisch ist eine gelbe Augenunterseite.

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

Eurosibirische Art, deren Areal von der französischen Atlantikküste bis zum Altaigebirge in Zentralasien reicht. Nach Norden hin bis Mittelschweden und Südfinnland. In Südeuropa liegt die Grenze der geschlossene Verbreitung in Nordfrankreich, Norditalien, im Balkan und im Norden der Ukraine. Isolierte Vorkommen finden sich in den Pyrenäen, Albanien, Bulgarien und im Süden der Ukraine am Schwarzen Meer.

Deutschland:

In fast allen Bundesländern aktuell nachgewiesen, jedoch sind in vielen Regionen (z. B. Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt) die Bestände sehr lückenhaft. Zahlreiche Fundort sind dagegen in Schleswig-Holstein, Ostniedersachsen, Ostsachsen und Südbayern zu verzeichnen. Die landesweit höchste Dichte wird in Mecklenburg und Brandenburg erreicht. 

Schleswig-Holstein:

Bei uns erreicht die Art die nordwestliche Arealgrenze. Die zerstreuten Funde beschränken sich weitergehend auf die Geest und das Östliche Hügelland. Bodenständige Vorkommen sind jedoch wahrscheinlich auf die südlichen und östlichen Landesteile beschränkt, mit der Ausnahme des Jardelunder Moores an der Grenze zu Dänemark, wo regelmäßige Nachweise die Etablierung einer kleinen Population vermuten lassen.

Bestand in Schleswig-Holstein

Es handelt sich um eine mäßig häufig nachgewiesene Art, bei der jedoch viele Beobachtungen auf einzelne, umherschweifende Männchen ohne Hinweise auf Reproduktion zurückgehen und deren Bestand zum einen starken jährlichen Schwankungen unterworfen ist, zum anderen wahrscheinlich auch von unregelmäßigen Einflügen aus anderen Gebieten Deutschlands beeinflusst ist.

Biologie

Überwinterung (erstes Jahr): als Larve

Dauer Larvalentwicklung: zwei bis drei Jahre, ausnahmsweise auch nur ein Jahr

Schlupfzeit in SH: Anfang Mai bis Anfang Juni

Flugzeit in SH: Anfang Mai bis Ende Juli, Hauptflugzeit Ende Mai bis Ende Juni, Beobachtungen im August sind die Ausnahme

Verhalten:

Die Männchen bilden bei geringer Männchendichte am Gewässerrand feste Reviere, die sie von erhöhten Sitzwarten aus überwachen und gegen Rivalen verteidigen. Mit zunehmender Individuendichte werden die Revier aufgegeben und die Agressivität nimmt ab. Während reife Individuen relativ ortstreu zu sein scheinen, legen Tiere während der Reifungsphase oft weite Strecken zurück, was ihr Auftreten teilweise weitab von bekannten Entwicklungsgewässern erklären könnte.

Paarung und Eiablage:

Die Paarung wird im Flug eingeleitet und am Ufer sitzend vollzogen. Sie dauert bis zu 25 Minuten.

Die Eier werden in der Regel im Flug mit wippenden Bewegungen und unter Bewachung durch den Partner ins freie Wasser abgelegt. Bei bewölktem Wetter oder abends kommen die Weibchen auch allein, da die Männchen nur bei warmer, sonniger Witterung am Gewässer anzutreffen sind und somit eine ungestörte Eiablage möglich ist.

Lebensräume

Imagines:

Besiedeln dauerhaft wasserführende Kleingewässer und Torfstiche in Hoch- und Übergangsmooren, Niedermooren oder Heidegebieten. Es handelt sich überwiegend um schwach saure, mesotrophe Gewässer in sonniger, windgeschützter Lage (z. B. in der Nähe von Gehölzen) mit einer gut ausgebildeten Seggen-, Binsen- oder Röhrichtzone und Tauchblattvegetation.

Larven:

Halten sich in Wasserpflanzenbeständen, zwischen abgestorbenem Pflanzenmaterial oder auf Torfschlamm auf. Der Entwicklungserfolg ist stark vom Fischbesatz abhängig, auch eingeschleppte Krebse und Larven der Blaugrünen Mosaikjungfer beeinflussen als Fressfeinde die Population. 

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: gefährdet

Rote Liste Deutschland 2014: gefährdet

Gefährdungsursachen: Degeneration bzw. Zerstörung von Mooren durch Torfabbau, Ent- wässerung, Nährstoffeintrag oder Fischbesatz

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): Anhänge II und IV

Deutschland (BNatSchG): streng geschützt

Schutzmaßnahmen: Ausweisung weiterer Schutzgebiete, Wiederherstellung von Moorgewässern, Schutz vor Wasserstandsabsenkung, Schaffung von ungedüngten Pufferzonen gegenüber angrenzenden intensiv genutzten Flächen, keinFischbesatz in (potenziellen) Fortpflanzungsgewässern, Anlage von Kleingewässern auf nährstoffarmen Böden

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist.
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. – Libellula Supplement 14.
  • DIJKSTRA, K.-D. B. / SCHRÖTER, A. (Hrsg.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage) 
  • STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera), Literatur. - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.

A. Bruens