frisch geschlüpftes Exemplar der Asiatischen Keiljungfer, Foto: Angela Bruens, 2012

Eurasische Keulenjungfer (Stylurus flavipes)

Merkmale

Größe:

Mit 50 bis 55 mm Länge und über 7 cm Flügelspannweite etwas größer als die anderen Flussjungfern.

Männchen:

Grundfarbe schwarz-gelb. Von der Gemeinen Keiljungfer durch die gelb gestreiften Beine zu unterscheiden. Im Gegensatz zu allen anderen Arten der Gattung sind die beiden gelben Ovale oben auf der Vorderbrust komplett durch schwarze Streifen begrenzt. Hinterleibsende deutlich verbreitert, Augen blau.

Weibchen:

Wie die Männchen gezeichnet, jedoch ohne verbreitertes Hinterleibsende, Augen blass grün.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 31 bis 35 mm. Antennen dick und kurz mit maximal vier Segmenten, die dem Kopf oft ein zugespitzes Aussehen verleihen. Hinterleib ohne Dorsaldornen (Merkmal aller Arten dieser Gattung), aber mit einem auffallend langen und schmalen neunten Segment. Hinterleibssegmente sechs bis neun mit Seitendornen. Tibien des mittleren Beinpaares ohne Sporn.

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

Vor allem Osteuropa bis Asien, wobei sich in Mitteleuropa die westliche Arealgrenze befindet.

Deutschland:

In Deutschland bis Anfang des letzten Jahrhunderts an allen größeren Flüssen zu finden. Danach war ein starker Rückgang zu verzeichnen und die Art wurde nur noch an der Oder, Spree und Havel nachgewiesen. Seit den 1990er Jahren ist wieder eine Arealausdehnung zu beobachten, so dass aktuell Oder, Elbe, Weser und Rhein über längere Strecken besiedelt sind. Darüber hinaus ist die Art an der Spree, Havel, Mulde, Saale, Mosel und unteren Aller bodenständig.

Schleswig-Holstein:

An der Elbe oberhalb von Geesthacht. Daneben Einzelnachweis eines Tieres an der Westküste im Bereich Katinger Watt.

Bestand in Schleswig-Holstein

Diese Art wurde 1997 an der Elbe bei Lauenburg wiederentdeckt, nachdem 85 Jahre keine Nachweise für unser Bundesland vorlagen. Aktuell ist von einer kleinen Population oberhalb von Geesthacht auszugehen, die mit den Vorkommen an der Elbe in Mecklenburg und Niedersachsen in Verbindung stehen dürfte.

Biologie

Überwinterung: als Ei oder Larve

Dauer Larvalentwicklung: zwei bis vier Jahre

Schlupfzeit in SH: Ende Juni bis Mitte August

Flugzeit in SH: Ende Juni bis September

Verhalten:

Die Reifezeit beträgt etwa zwei Wochen, die Imagines halten sich dann weitab vom Entwicklungsgewässer auf. Die Tiere jagen über Wiesenflächen oder im Windschatten von Bäumen in Gewässernähe und übernachten in niedriger Vegetation. Der Flug wird als wellenförmig beschrieben.

Geschlechtsreife Männchen sitzen an sonnenexponierten Stellen am Sandstrand und starten von dort zu Patrouillienflügen über der Wasseroberfläche, vermutlich weit vom Ufer entfernt.

Paarung und Eiablage:

Die Paarung dauert bis zu 25 Minuten, meist kürzer. Sie wird im Flug eingeleitet und im Sitzen beendet.

Die Eiablage erfolgt durch die Weibchen allein und im Flug durch kurzes Antippen des Ende des Hinterleibs auf der Wasseroberfläche.

Lebensräume

Imagines:

Eine Charakterart der großen Stöme und Tieflandflüsse. Bei uns bilden aufgrund der Begradigung und Vertiefung der Elbe zur Nutzung als Schifffahrtsweg die Zwischenbuhnenfelder die wichtigsten Lebensräume der Larven. Auch im tidebeeinflussten Bereich wurde die Entwicklung belegt, aber bisher noch nicht unter Brackwasserbedingungen nachgewiesen.

Larven:

In strömungsberuhigten Buchten, Mündungen von Altarmen, Strömungsschatten von Sandbänken, Zwischenbuhnenfeldern. Die Tiere vergraben sich in feinsandigen Bereichen mit einer Auflage oder Beimischung von Detritus.

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: extrem selten

Rote Liste Deutschland 2014: ungefährdet

Gefährdungsursachen: Gewässerausbau, mangelnde Wasserqualität, zunehmender Schiffsverkehr, Erholungsnutzung.

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): Anhang IV

Deutschland (BNatSchG): streng geschützt

Schutzmaßnahmen: Erhalt der Zwischenbuhnenfelder, Zurückdrängen des Schilfbewuchses am Elbufer, Schutz der Schlupforte vor zu starkem Wellenschlag durch Geschwindigkeitsbegrenzung der Schifffahrt, Unterbinden der (trotz Betretungsverbot festzustellenden) Freizeitnutzung des NSG "Lauenburger Elbvorland" durch Spaziergänger, Angler und Badegäste.

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist.
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. – Libellula Supplement 14.
  • DIJKSTRA, K.-D. B. / SCHRÖTER, A. (Hrsg.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage)
  • MÜLLER, J. (1997): Gomphus (Stylurus) flavipes (Charpentier) in der Elbe von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie in der Weser bei Bremen (Anisoptera: Gomphidae). – Libellula 16 (3/4): 169-180.
  • MÜLLER, O. (1995): Ökologische Untersuchungen an Gomphiden (Odonata: Gomphidae) unter besonderer Berücksichtigung ihrer Larvenstadien. – Cuvillier Verlag, Göttingen.
  • STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera), Literatur. - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • SUHLING, F. & O. MÜLLER (1996): Die Flussjungfern Europas. – Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 628. Westarp-Wissenschaften, Magdeburg und Spektrum, Heidelberg.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.

A. Bruens