Plattbauch (Libellula depressa)

Merkmale

Größe:

Eine robust wirkende Großlibelle, etwa 39 bis 48 mm lang, Flügelspannweite 2 bis 38 mm.

Männchen:

Vorderkörper und Augen der Männchen sind braun gefärbt. Der Hinterleib ist stark abgeplattet und zunächst gelb, später blau bereift mit seitlich gelben Flecken. Die Basis der Vorder- und Hinterflügel ist auffällig breit dunkel gefärbt, die Flügelspitzen ungefärbt.

Weibchen:

Die Weibchen sind braun, der ebenfalls abgeplattete Hinterleib entwickelt sich von gelb, über beige zu braun mit seitlich gelben Flecken. Auf den ersten Blick wirken sie im Flug manchmal wie eine überdimensionierte Hornissenkönigin. Die Basis der Vorder- und Hinterflügel ist auffällig breit dunkel gefärbt, die Flügelspitzen ungefärbt.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 21 bis 26 mm. Körper mit breitem, abgeflachten Hinterleib. Fangmaske korbförmig; tief und regelmäßig gezahnt. Schwach entwickelte Rückendornen bis Hinterleibsegment acht, Segment neun ohne Rückendorn.

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

Das Areal umfasst fast ganz Europa und reicht bis Zentralasien. Auf den Britischen Inseln nur im Süden, ebenso wird auch nur der Südteil Skandinaviens besiedelt. Sie fehlt auch im äußersten Süden von Spanien und Italien.

Deutschland:

Im Westen und Süden flächendeckend, im Osten nur zerstreut. Tritt sowohl im Flach- als auch im Hügel- und Bergland bis etwa 1.000 m auf. Gebiete ohne Nachweise sind wahrscheinlich auf Erhebungslücken zurückzuführen.

Schleswig-Holstein:

Weit verbreitete Art, die in allen Hauptnaturräumen und auch auf den Inseln zu beobachten ist. Auf Helgoland regelmäßig einwandernd. Verbreitungslücken in Teilen der Marsch und Angel sind mindestens teilweise auf Erfassungsdefizite zurückzuführen.

Bestand in Schleswig-Holstein

Eine landesweit häufige Art, die langfristig leicht zurückgeht, kurzfristig aber stabile Bestände zu bilden scheint. Eine exakte Einschätzung der Bestandsentwicklung ist bei dem Plattbauch besonders schwierig, da er an den Fundpunkten meist nur in geringer Individuendichte auftritt und als Pionierbesiedler neuer Gewässer an den meisten Stellen nicht langfristig bodenständig ist.

Biologie

Überwinterung: als Larve

Dauer Larvalentwicklung: ein bis zwei Jahre

Schlupfzeit in SH: Ende April bis Mitte Juni

Flugzeit in SH: ab Ende April, Hauptflugzeit Anfang Mai bis Ende Juli, einzelne Tiere noch bis Anfang September

Verhalten:

Die erwachsenen Tiere sind gute Flieger und streifen weit um her. Nur ein geringer Teil der Population verbleibt am Schlupfgewässer. Damit ist gewährleistet, dass neu entstandene Gewässer als Idealhabitat schnell gefunden und besiedelt werden können. 

Die geschlechtsreifen Männchen lassen sich gerne auf einzeln stehenden Ästen oder Halmen nieder, von denen aus sie das Gewässer gut überblicken können. Nach einer Paarung werden sie territorrial und besetzen für ein bis zwei Tage ein Revier im Umkreis ihrer Lieblingssitzwarte. Findet das Männchen in diesem Zeitraum keinen weiteren Paarungspartner, zieht es weiter. Weibchen findet man oft abseits von Gewässern an sonnenexponierten Wald- oder Knickränder, wo sie jagen. Um das Jahr 1900 wurden auch bei dieser Art Wanderzüge registriert, die aber nicht die Größe und die Individuenzahlen des Vierflecks erreichten.

Paarung und Eiablage:

Die Paarung dauert nur kurz (maximal eine Minute) und erfolgt normalerweise in der Luft. Dann trennen sich die Paare wieder. 

Das Weibchen legt die Eier, teilweise bewacht vom Männchen, im wippenden Flug frei in sonnenexponierten Flachwasserzonen ab. Dabei wird die Hinterleibsspitze ins Wasser getaucht und die Eier abgestreift oder die Eier werden dicht über der Wasseroberfläche abgeworfen.

Lebensräume

Imagines:

Bevorzugen kleine, sonnenexponierte vegetationsfreie oder pflanzenarme Gewässer wie Tümpel und Kleingewässer, aber auch Weiher, technische Gewässer werden nicht gemieden. Der Plattbauch ist ein typischer Erstbesiedler neu angelegter Gewässer, wo bereits im ersten Jahr nach der Anlage Eiablagen zu beobachten sind, aber verschwindet in der Regel mit zunehmendem Bewuchs nach einigen Jahren wieder.

Larven:

Die Larven leben im Flachwasser der Fortpflanzungsgewässer auf dem Boden zwischen Schlamm, Laub oder Detritus. Sie können sowohl zeitweises Austrocknen der Fortpflanzungewässer im Sommer als auch Durchfrieren im Winter bei starken Frösten überdauern. Bei langer Trockenheit fallen sie in eine Art Trockenstarre. Sie können auch das austrocknende Gewässer verlassen und in der Umgebung nach wasserführenden Gewässern suchen. Dieses Verhalten wurde überwiegend bei feuchter Witterung und während der Nacht beobachtet.

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: ungefährdet

Rote Liste Deutschland 2014: ungefährdet

Gefährdungsursachen: Durch die natürliche Sukzession verlieren neu angelegte Gewässer nach einigen Jahren ihren Wert für diese Art. In der heutigen Landschaft entstehen neue Gewässer jedoch nicht mehr von selbst. Der Plattbauch ist daher auf die Aktivität des Menschen bezüglich der Schaffung neue Gewässer oder der Pflege bestehender Gewässer angewiesen.

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): -

Deutschland (BNatSchG): besonders geschützt

Schutzmaßnahmen: Die Art ist darauf angewiesen, dass im Rahmen von Naturschutzmaßahmen immer wieder neue Gewässer in der Landschaft entstehen. Solange dies geschieht (in Form von Gartenteichen, Rückhaltebecken oder Naturschutzmaßnahmen), wird der Plattbauch ausreichend Fortpflanzungsgewässer bei uns finden. Dabei profitiert sie auch von Unterhaltungsmaßnahmen, bei denen ein Großteil der Vegetation entfernt wird oder von Gewässern in Weidelandschaften, die durch Verbiß offen gehalten werden.

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist.
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. – Libellula Supplement 14,.
  • DIJKSTRA, K.-D. B. / SCHRÖTER, A. (Hrsg.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage) 
  • STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera), Literatur. - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.